Tagesimpuls 11.5.2021
Lesung aus der Apostelgeschichte Apg 16,22-34
In jenen Tagen 22erhob sich das Volk von Philippi gegen Paulus und Silas, und die obersten Beamten ließen ihnen die Kleider vom Leib reißen und befahlen, sie mit Ruten zu schlagen.
23Sie ließen ihnen viele Schläge geben und sie ins Gefängnis bringen; dem Gefängniswärter befahlen sie, sie in sicherem Gewahrsam zu halten.
24Auf diesen Befehl hin warf er sie in das innere Gefängnis und schloss zur Sicherheit ihre Füße in den Block.
25Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und sangen Loblieder; und die Gefangenen hörten ihnen zu.
26Plötzlich begann ein gewaltiges Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Mit einem Schlag sprangen die Türen auf, und allen fielen die Fesseln ab.
27Als der Gefängniswärter aufwachte und alle Türen des Gefängnisses offen sah, zog er sein Schwert, um sich zu töten; denn er meinte, die Gefangenen seien entflohen.
28Da rief Paulus laut: Tu dir nichts an! Wir sind alle noch da.
29Jener rief nach Licht, stürzte hinein und fiel Paulus und Silas zitternd zu Füßen.
30Er führte sie hinaus und sagte: Ihr Herren, was muss ich tun, um gerettet zu werden?
31Sie antworteten: Glaube an Jesus, den Herrn, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus.
32Und sie verkündeten ihm und allen in seinem Haus das Wort Gottes.
33Er nahm sie in jener Nachtstunde bei sich auf, wusch ihre Striemen und ließ sich sogleich mit allen seinen Angehörigen taufen.
34Dann führte er sie in seine Wohnung hinauf, ließ ihnen den Tisch decken und war mit seinem ganzen Haus voll Freude, weil er zum Glauben an Gott gekommen war.
Tagesimpuls:
Es geht weiter wie zuvor. Kaum in Europa gelandet, handelt sich Paulus Ärger ein und landet im Gefängnis. Anders als in den bisherigen Fällen geht es aber nicht um Glaubensfragen, sondern - typisch römisches Reich - um wirtschaftliche Interessen. Direkt vor den Ausschreitungen hatte Paulus eine Magd geheilt, die von einem Geist besessen war, der ihr die Fähigkeit zur Wahrsagerei gab. Ihr Herren machen gutes Geld mit dem Quälgeist, der die Frau im Griff hat. Paulus treibt den Dämon aus und ruiniert so eine Geldquelle. Darauf reagieren die Besitzer äußerst ungehalten und es kommt zu Ausschreitungen und schließlich zur Verhaftung des Paulus. Es werden ihr noch einige Gefängnisaufenthalte folgen. Es widerspricht der römischen Gepflogenheit, dass der Fall nicht einmal untersucht wird. In der Regel zeichnet das römische Recht gerade aus, dass es ordentliche Verfahren vorsieht. Hier aber bestimmen Vorurteile das Geschehen. Im Römischen Reich standen Juden generell unter dem Verdacht des Atheismus und der Menschenverachtung, weil sie nur einen Gott anbeteten. Obwohl als Religion erlaubt, mussten Gläubige immer auch Nachteile und Verdächtigungen in Kauf nehmen. Sie waren suspekt aufgrund ihrer fremden Riten und Bräuche. im Laufe der Geschichte wird sich der Vorwurf des Aberglaubens v.a. gegen das christliche Bekenntnis richten.
Wieder führt aber die Bedrängnis zum Eingreifen Gottes. Wie schon die Apostel und v.a. Petrus erfährt nun Paulus die befreiende Kraft des Evangeliums. Man kann sich an das Wort Jesu erinnern, der in der Synagoge von Nazaret das Jesaijawort auf sich deutete: „Ich bin gekommen, die Gefangenen in Freiheit zu setzen.“ Der wirklich Gefangene ist aber nicht Paulus, sondern der Wärter. Er sitzt im Kerker des Unglaubens und der Angst. Der Glaube an Jesus führt ihn nun zur wahren Freiheit der Kinder Gottes. Wie Lydia nimmt er mit seinem ganzen Haus den Glauben an und lässt sich taufen. Die Gemeinde wächst. Sven Johannsen, Pfarrer