Als der letzte Ton des Schlusschores verklungen war, füllte ein gespannte Stille den Kirchenraum bis sich nach 2 ½ Stunden Hörergenuss ein wahrer Beifallssturm erhob. Viele Monate hatte die Kantorei St. Michael und ihr Kantor Alfons Meusert an diesem Werk geprobt neben den traditionellen Verpflichtungen im Kirchenjahr. Nach dem „Elias“ 2015 krönte Alfons Meusert den Spessart Winter 2017 nun mit dem „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Zweimal machte der junge Komponist religiöse Eiferer, die vom Verfolger zum Verfolgten werden zu Hauptpersonen seiner Oratorien. Als der gerade 25 Jahre alte Mendelssohn-Bartholdy beim 18. Niederrheinischen Musikfest in Düsseldorf zu Pfingsten 1836 sein Oratorium uraufführte, begann ein Siegeszug, der das Werk in den nächsten zwei Jahren in 50 deutschen Städten auf die Bühne brachte. Gut dreißig Jahre musste die Musikwelt warten nach den Spätwerken Joseph Haydn bis mit dem „Paulus“ ein neues großes Oratorium aus der Taufe gehoben wurde. Felix Mendelssohn-Bartholdy selbst hatte schon1829 die Matthäuspassion von Johann Sebastian nach einer langen Zeit des Vergessens wieder neu erklingen lassen und Erfahrungen gesammelt bei der Renaissance der Musik von Georg Friedrich Händel. In seinem „Paulus“ verbindet sich beides: Spätbarocke Oratorienkunst in den Chören und die musikalische Sprache der Romantische, die gerade in den kontemplativen und meditativen Teilen sich zu einer eigenen Größe entfalten.
In seiner Einführung stellte Stadtpfarrer Sven Johannsen das Werk vor und verwies auf die religiöse Heimat
vergrößern Christian Sultandes Komponisten: Felix Mendelssohn-Bartholdy entstammte einer jüdischen Familie, wurde aber schon als Kind evangelisch getauft. Sein Großvater; Moses Mendelssohn, zählt zu den großen Denkern des Judentums in unserem Land und schuf eine bis heute gültige Übersetzung der Tora. Sein Vater, ein Bankier, konvertierte mit der Familie zum Christentum und stand in Kontakt mit Friedrich Schleiermacher, dem Kirchenlehrer des 19. Jahrhunderts. Felix Mendelssohn-Bartholdy stand bei der Entstehung seines Werkes in engem Austausch mit Julius Schubring, der stark beeinflusst war von Schleiermachers Theologie. So findet sich der Komponist wie seine Hauptperson in der Rolle als Wanderer zwischen Judentum und Christentum wieder. Eine Spannung und Dramatik, die seine Musik stark widerspiegelt.
Die Solisten Anna Nesyba, Barbara Buffy, Johannes Hill und der kurzfristig eingesprungene Tenor Maximilian Argmann füllten ihre Stimmen souverän und beeindruckend aus. Das Sinfonieorchester aus Würzburg begleitete und führte Chor und Solisten präzise ohne sie zu übertönen. Eine besondere Anerkennung ist dem Chor der Kantorei geschuldet, der nicht gewohnt sicher, sondern auch in besonderem Maße ausdrucksstark und gelöst seine Partien übernahm. Kantor Alfons Meusert war am Ende sichtlich zufrieden mit der Leistung seiner Musiker und konnte sich über einen langen, frenetischen Beifall freuen, der nicht zuletzt seinem Können galt.
vergrößern Christian Sultan