„Die Heiligen zeigen uns den Weg, wie man glücklich, wie man das macht, ein Mensch zu sein“, so hat Papst Benedikt beim Weltjugendtag in Köln die Heiligen beschrieben. Die Heiligen stehen nicht neben Christus, sondern lassen in ihrem Leben Gott durchscheinen. Sie sind, so sagt es die Präfation an Allerheiligen, die Brüder und Schwestern, die schon vollendeten Glieder, die Gott im himmlischen Jerusalem schauen, wohin auch wir unterwegs sind. Die Kirche als Leib Christi ist in ihren Gliedern durch Christus miteinander verbunden und überschreitet dabei alle Grenzen des Raums und der Zeit. Sie ist katholisch, weil sie allumfassend die Christen aller Welt umspannt und weil sie über die Jahrtausende hinweg die Gemeinschaft mit denen lebendig erhält, die uns schon voraus gegangen sind. Sie werden zwar persönlich nicht mehr von Leid und Not betroffen, doch lassen sie sich betreffen von unserem Ringen und Sorgen. Sie erfüllen ihre Nächstenliebe, indem sie uns nahe bleiben und für uns eintreten, so ein Gedanke des heiligen Origines.
Die Feier der Heiligentage und der gelobten Traditionen, die sich mit ihnen verbinden, hat auch in Lohr das Leben der Menschen und die Ausgestaltung der Stadtpfarrkirche geprägt.
Seit der Renovierung 2015 empfangen die Pestpatrone Rochus und Sebastian die Besucher der Kirche in der Turmhalle vor dem Betreten des Kirchenschiffes. Der dritte Patron in der Sorge um Gesundheit ist für die Lohrer der Heilige Valentin von Terni, dem eine eigene Kapelle über der Stadt geweiht ist. Eine Lohrer Lokaltradition ist die Rochusprozession am 16. August, die seit 1666 von der Stadtpfarrkirche zur Valentinuskapelle führt. An diesem Tag halten zahlreiche Geschäftsleute ihre Läden am Vormittag geschlossen. Außerdem gibt es ein eigenes Essen, Leberklöße mit Sauerkraut, das an diesem Tag in den Gasthäusern angeboten wird. Pfarrer Johannsen verwies auf ein Wort von Pater Anselm Grün, der in Betrachtung über Heilige schreibt: „Die Heiligen, die auf ihre Wunden hinweisen - wie der heilige Rochus oder der heilige Sebastian - wollen dir Vertrauen schenke, dass Gott auch deine Wunden heilt“ (Anselm Grün; Bilder der Seele, 2016, S. 144)
Zweite Station der Betrachtung war der Josefsaltar, den Franz Wilhelm Drießler 1904/1905 im neugotischen Stil zusammen mit dem Marienaltar und dem Hochaltar schuf. Die Außenflügel des Altars schmückt ein Bild der vierzehn Nothelfer vor der Ansicht der Stadt Lohr. Pfarrer Johannsen stellte die Legenden der Nothelfer vor und verwies darauf, dass bereits zwei vorherige Altäre, die an dieser Stelle seit dem 17. Jahrhundert standen, den heiligen Nothelfern geweiht war. Besonders die heilige Barbara hat einen großen Nachhall in der Kirche gefunden. An mehreren Epitaphien findet sie sich als Namenspatronin der jeweiligen Stifterin dargestellt. V.a. aber ruht seit der Renovierung ein Reliquie der heiligen Patronin der Bergleute und des THWs im Reliquiengrab unter dem neuen Altar.
Mit ihr finden sich dort die Reliquie des seligen Liborius Wagner, der als Glaubenszeuge im 17. Jahrhundert das Martyrium erlitt, und v.a. die Reliquie des heiligen Martins, der bis ins 17. Jahrhundert Patron der Stadtpfarrkirche war bis er vom Heiligen Michael abgelöst wurde. Pfarrer Johannsen erläuterte die Tradition, Altäre auf den Gräbern der Märtyrer zu errichten und den heutigen Brauch, in neue Altäre die Reliquien dreier Heiligen einzufügen.
Im gemeinsamen Schreiben Communio Sanctorum - Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen“ betonen die großen Kirchen Deutschlands: „Die römisch-katholischen und die evangelisch-lutherische Kirche stimmen darin überein, „dass man die Heiligen ehren soll“. Sie versehen unter solcher Ehre den Dank an Gott, er Menschen zur Heiligkeit berufen hat, den Glauben an die Macht seiner Gnade, die mächtiger ist als die Sünde, und das Bekenntnis zu seiner Güte, in der er Mitmenschen als lebendige Vorbilder christlichen Lebens in der Geschichte beruft.“
In der schon seit 1300 Jahren verwendeten Antiphon „in paradisum deducant angeli“ werden die Engel und Heiligen gebeten, den Übergang eines Menschen vom irdischen zum himmlischen Leben zu begleiten und ihn in das himmlische Jerusalem zu führen. Alles, so der Pfarrer, erwarten wir von Gott, aber in den Heiligen wissen wir, dass wir nie allein unterwegs sind.
Kantor Alfons Meusert nahm die Impulse auf und vertiefte sie in eindrucksvollen Orgelwerken. So begrüßte er die Teilnehmer an der Kirchenführung mit dem pompous march von Gordon Young. IN einer Improvisation zum Lied „Für alle Heilgen in der Herrlichkeit“ meditierte er die Gemeinschaft zwischen irdischer und himmlischer Kirche. Samuel Scheidt's „Vita sanctorum decus angelorum“ leitete die Betrachtung der Lebensbilder der vierzehn Nothelfer ein. Und Theodore Dubois „in paradisum“ vermittelte ein Bild von der Zukunft im vollendeten Leben bei Gott. Gewaltig erklang zum Abschluss schließlich die Bearbeitung des Psalm 117 von Marco den Toom