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Ab dem 14. Oktober startet in der Pfarreiengemeinschaft eine neue Vortragsreihe über die verschiedenen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften mit ihrer Geschichte, ihrer Liturgie und ihren Traditionen. Auftakt ist ein Beitrag zum Verständnis der Einheit in der frühen Kirche.

 

„Damit alle eins sind“ so bittet Jesus im Abendmahlsaal den Vater für alle, die ihm nachfolgen (Joh 17,21) und mahnt zugleich seine Jünger, diese Einheit zu bewahren. Es liegt auf der Hand, festzustellen, dass die Christen dieser Aufforderung ihres Herrn nicht entsprochen haben. Klassisch nennen wir zwei große Daten, die die Trennung unter der Jüngern Jesu in besonderer Weise markieren: Der Bruch zwischen West- und Ostkirche 1054 und der Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche in Wittenberg 1517. „Wir haben die Einheit verloren“, so klagen sich die Führer der großen Kirchen selbst an und benennen die menschliche Schuld an Spaltung und Verstoß gegen das Einheitsgebot Jesu in den Abschiedsreden.

Ein oberflächlicher Blick auf die Vielfalt der christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften lässt erahnen, dass es nicht nur die beiden o.g. epochalen Brüche gab, sondern die Trennung in unterschiedliche Kirchen und Konfessionen vielfältiger und auch zeitlich früher anzusetzen ist. Die schematische Einteilung „römisch-katholisch“, „orthodox“ und „evangelisch“ vereinfacht die Betrachtung, aber sie entspricht nicht der Buntheit, in der sich der christliche Glaube in den verschiedenen Konfessionen entfaltet. Die Kirchen des Ostens kennen neben den orthodoxen Kirchen die farbenfrohen Liturgien und Riten der altorientalischen Christen in Ägypten, Äthiopien, Armenien, Indien u.v.a. Teilen der Erde. Zur römisch-katholischen Kirche gehören auch die unierten Kirchen, die in ihrem Glaubensleben oft den Kirchen des Ostens viel näher stehen; und auch die Kirchen der Reformation kennen ganz unterschiedliche Richtungen, die geprägt werden von Namen wie Martin Luther, Johannes Calvin und Huldrych Zwingli. Vor und nach den großen Einschnitten von 1054 und 1517 gab es Trennungen. Ist diese Vielfalt Verrat an der Absicht Jesu?

Der Blick in die Geschichte der Christenheit nach Ostern zeigt, dass eine Einheit, in der alle gleich denken, leben und handeln, wohl eher nicht der Wirklichkeit entspricht. Schon die Apostel haben unterschiedliche Prägungen und ihre Mission führt sie in sehr verschiedene Teile der Erde. Gibt es eventuell schon sehr früh eine Vielfalt des Bekenntnisses zu Jesus Christus, ohne dass die Menschen das Gefühl hatten, dass sie die Einheit verloren haben?

Bei aller Trauer über die Entfremdung und mitunter auch Ausgrenzung anderer Kirchen ist es vielleicht auch eine Bereicherung für das Christsein, dass es verschiedene Wege gibt, Jesus nachzufolgen. Wenn wir die anderen nicht als „abgefallen“ oder „Getrennte“ verurteilen und allein darauf fixiert sind, unsere Art Kirche zu sein als den einzigen Weg zu sehen, der dem Willen Jesu entspricht, dann öffnet sich der Blick für die Schätze der anderen, die unser Interesse und unsere Neugier wecken können.

In den kommenden Monaten laden wir ein zu einer Entdeckungsreise durch die bunte Welt der christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Sicher werden dann auch Impulse erkennbar, die wir aus anderen Kirchen annehmen dürfen, und gleichzeitig unser eigenes Profil besser erkennbar. Möglicherweise kann auch die Erkenntnis reifen, dass bei aller Unterschiedlichkeit es wesentliche Momente gibt, die verschiedenen Konfessionen verbindet.

Das letzte Jahrhundert war sicher das Jahrhundert der Ökumene. Vieles haben wir erreicht: gemeinsame Gottesdienste, gemeinsamer Einsatz für eine menschliche Gesellschaft, gemeinsame Treffen, in denen wir uns über die Bibel und den Glauben austauschen. Aber es gibt sicher noch viel zu entdecken. So laden wir ein, jeden Monat eine andere Kirche oder Kirchenfamilie kennenzulernen. Im Oktober schaut der erste Vortrag auf die Anfänge, die Zeit der Apostel bis zu den großen vier Konzilien im 4. und 5. Jahrhundert. Gab es zu dieser Zeit schon unterschiedliche Entwicklungen in der Gemeinde der Jünger? Welche Rolle spielt Paulus? Was hat für die ersten Christen die Einheit garantiert?

Ich freue mich, wenn Sie sich mit auf dem Weg machen, dem Reichtum der Traditionen der verschiedenen Kirchen neu auf die Spur zu kommen.

Sven Johannsen, Pfarrer

DIe Vorträge

jeweils 19.30 Uhr im Pfarrsaal St. Michael Lohr

 

Montag, 14.10.2019
Die Jesusbewegung (Juden- und Heidenchristen) und die Entwicklung zur Reichskirche

 

Montag, 18.11.2019

Die orthodoxen und altorientalischen Kirchen

 

Montag, 13.01.2020
Die Kirchen der Reformation (Anglikaner, Lutherische Kirchen, Reformierte)

 

Montag, 17.02.2020

Evang. Freikirchen und Altkatholiken. Die Charismatischen Bewegungen

 

Montag, 16.03.2020

Die römisch-katholische Kirche

 

Montag, 20.04.2020

Die Ökumenische Bewegung und Schritte zur Einheit im 20. Jh.

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