Fasten- und Osterzeit 2025

In der diesjährigen Fasten- und Osterzeit finden Sie auf dieser Seite geistliche Impulse, Gedanken und Gebete an den Sonn- und Festtagen.

 

Zum Aschermittwoch

 

Haben Sie schon einmal von Phönix aus der Asche gehört…? Er ist ein Sagenvogel, der aus Asche wiederersteht. Die Asche ist ein Pulver aus totem Stoff, der einmal existent war. Wir Christen bekreuzigen uns heute am Beginn der Fasten- und Passionszeit damit. So beginnt unsere Vorbereitung äußere und auch innere Vorbereitung auf das nahende Osterfest.
Der fehlerhafte Mensch in uns starb mit Jesus am Kreuz. Doch genauso wie Er an Ostern auferstand, werden auch wir mit und bei ihm neu leben können und sein ewiges Leben erhalten. Das ist keine Sage, sondern unsere Gewissheit – daran erinnert uns die Asche!

 

Gebet zum Aschermittwoch:
Herr Jesus Christus,
am Kreuz hast Du für mich gelitten und bist gestorben,
damit ich mit Dir für immer leben darf.
Segne mich am Beginn dieser heiligen Zeit
und beschütze alle Menschen,
die heute das Zeichen der Asche tragen.
Lass mich erkennen,
dass aus ihr nicht mein Ende sichtbar wird,
sondern mir durch sie ein neuer Anfang geschenkt ist.
Amen.

 

 

Text und Gebet: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Peter Weidemann, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum 1. Fastensonntag - Invocavit

 

♣  Zur musikalischen Einstimmung bitte online anhören: Ouvertüre von „Der fliegende Holländer“ von Richard Wagner [1843]  ♣

 

Ein sehr von Emotionen durchwirktes Stück ist diese romantische Oper aus der Feder von Richard Wagner aus dem Jahr 1843. Es ist die Ouvertüre von „Der fliegende Holländer“. Sie ist die erste Oper, die Wagner vervollständigt hat und die auch die religiöse Frage seines Lebens behandelt: „Wie kann Erlösung geschehen?“

Das ist eigentlich eine abstrakte Frage zunächst, die sehr konkret wird. Was löst mich von meinen Fesseln, von meiner Angst, von meiner Sorge? Probleme und Fragen haben wir alle im Leben. Sie mögen unterschiedlicher Art und Qualität sein, aber doch real. Es ist die gleiche Not, die die Hebräer in der Fremde verspürt haben. Dort heißt es nämlich im Buch Exodus:

»Als Mose und Aaron vom Pharao weggegangen waren,
schrie Mose zum HERRN um Befreiung von der Froschplage, die er über den Pharao gebracht hatte.«

Die Froschplage ist eines der Sinnbilder für eine große Not über die Menschen in unterschiedlicher Ausprägung – für die Israeliten war es die Unterdrückung durch die Ägypter; für die Ägypter war es die plötzliche Strafe der Natur. Und Mose ruft nun zu Gott, wann es endlich für beide Seiten gut wird; also Befreiung der Menschen aus ihren Fesseln geschieht.

Der Holländer in Wagners Stück, der seinen Sagenursprung im 17. Jahrhundert hat, ruft ebenso nach dieser Erlösung, aber im ganz menschlichen Sinn und nicht nach Gott. Der Geisterkapitän, dessen Idol der niederländische Seefahrer Bernard Fokke ist, gerät durch eigene Schuld in einen Fluch. Bis zum Tag des Jüngsten Gerichtes ist er verdammt, am Kap der Guten Hoffnung zu segeln. Es sei denn, er findet die Gnade der Erlösung. Alle sieben Jahr – in Wagners Oper – darf er an Land, um sich eine Frau zu suchen, die ihn wirklich und bedingungslos liebt. Erlösung wird hierin durch die Liebe verwirklicht.

Nun wissen wir aus unserem realen Leben, dass es nicht immer so einfach ist! Es gibt im Leben Gutes und Schlechtes – manchmal verschuldet und manchmal unverschuldet. Zudem gibt es Prüfungen, die sein müssen. Aber das gehört dazu!

Für mich ist dabei wichtig, wie ich mit der Situation und den Umständen umgehe:

Kann ich sie für mich annehmen? Oder muss ich sie ertragen lernen?

Hilft mir jemand in meinem Leben und bei meinem Leben, auch wenn gerade alles irgendwie schwierig ist?

 

Nun sind wir am Beginn der Fastenzeit. Eine Zeit, die mich beschränkt und mich besinnt. Eine Zeit, die keine große Freude ausstrahlt; eben eine Zeit der Lebens(über-)prüfung! Das fällt mir nicht leicht, aber muss zu gewisser Zeit sein. Da geschieht eine Reflexion des eigenen »Ich«. Und ich möchte Sie ganz besonders in dieser Zeit einladen, sie gut für sich zu nutzen… Einer ist auf jeden Fall bei Ihnen in dieser Zeit, Jesus Christus!

 

 

Impuls: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Katharina Wagner, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum 2. Fastensonntag - Reminiscere

 

Wie viele Sterne können wir eigentlich in einer klaren Nacht am Himmel mit dem bloßen Auge betrachten? – Haben Sie einen Tipp?

Es sind auf jeden Fall sehr, sehr viele. Sie leuchten in der dunklen Nacht und geben ihr einen Glanz. Sie erhellen das Düstere, das uns Menschen Angst machen kann und uns bedrängt. Und sie geben uns eine Orientierung.

Für die Menschen aller Zeiten waren diese Sterne mit einer Faszination begleitet und wurden bewundert. Auch der Patriarch Abraham und seine Sippe kannten den Sternenhimmel. Darum knüpft Gott mit Seiner Verheißung an Abraham an dieses astronomisch bekannte Phänomen des Abendhimmels an, damit der Erzvater daran glauben kann (Gen 15,5bcd):

»Sieh doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne, wenn du sie zählen kannst!
Und er sprach zu ihm: So zahlreich werden deine Nachkommen sein.«

So unglaublich und scheinbar unendlich die Zahl der Sterne ist, ist auch Gottes Güte und Erbarmen mit uns Menschen, wenn wir uns an Ihn wenden und auf Ihn vertrauen. Er lässt uns nicht alleine, gerade auch in dieser Bußzeit, wenn wir uns wieder neu auf Ihn, auf uns selbst und auf den Dienst und die Fürsorge an unsere Mitmenschen ausrichten lassen.

Und wenn Sie das nicht so richtig glauben können, gehen Sie bitte heute Nacht für einen kurzen Moment vor die Haustüre und schauen zum Himmel hinauf! Und seien Sie gewiss, so wie Sie nach oben blicken, schaut Gott auch zu Ihnen hinunter…

 

Gebet mit dem Blick des Glaubens:
Gütiger Gott unseres Vaters Abraham,
seit es Menschen gibt, sind sie auf der Suche nach Dir
und schauen zum Himmel hinauf.
Du hast unserem Vater Abraham die Verheißung gegeben,
dass Du den vielen Menschen,
die auf Dich vertrauen,
immer wieder Deine Liebe und Deine Hilfe schenkst.
Erhöre auch mein Gebet in der Fastenzeit
und lass mich mit meinen Brüdern und Schwestern
weiterhin gut in diesen Tagen auf das Licht von Ostern
in der Dunkelheit und Ungewissheit dieser Zeit vorbereiten.
Amen.

 

P.S.: Es sollen etwa 3.000 bis 6.000 Sterne sein, die der Mensch mit bloßem Auge in der Nacht sehen kann… (Bjarne Kommnick, Universum: Wie viele Sterne gibt es insgesamt?, URL: https://www.merkur.de/wissen/sterne-gibt-es-insgesamt-weltall-galaxie-anzahl-zaehlen-universum-wie-viele-92362171.html, letzter Zugriff: 06.03.2025)

 

 

Text und Gebet: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Doris Hopf, dorishopf.de, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Josefstag - 19. März

 

Gebet zum heiligen Josef für Familien, Alleinerziehende und alle, die seine Hilfe brauchen:
Heiliger Josef von Nazareth,
als die Jungfrau Maria, deine Verlobte,
in großer Not war, weil ihr Kind von Gott kam,
und die Menschen ihn nicht erkannten,
hast Du zu ihr gestanden und sie als deine geliebte Frau angekommen.
Du hast sie nicht verlassen, sondern auf Gottes Plan für Dein Leben vertraut.
Du warst ein treuer Beschützer deiner Familie
und für uns ein Vorbild in der Hoffnung und im Glauben.
Als dein Lebensweg auf dieser Erde zu Ende ging,
gaben Maria und Christus dir deine Liebe zurück und empfahlen dich Gott an.
Wie du ihnen in der Not treu und beschützend warst,
waren sie dir nahe in den letzten Stunden.

Darum kommen auch wir jetzt zu dir und bitten dich um deine Hilfe:
Wir bitten dich für alle Kinder, die einsam und traurig sind.
Wir bitten dich für alle Frauen und Männer, die alleinerziehend sind.
Wir bitten dich für die Familien, die in großer Not sind.
Wir bitten dich für alle Paare, die ein Kind erwarten.
Wir bitten dich für alle, die keine Kinder bekommen können.
Und wir bitten dich für alle Menschen, die ein Kind verloren haben.

Wir bitten dich für unsere eigenen Familien,
für unsere Kinder und Enkelinder,
für unsere Eltern und Großeltern
und ich bitte dich ganz besonders auch für mich:
Gib uns deine Fürsprache bei Gott.
Er kennt deine Liebe und deine Treue zu den Menschen
und wird dein Gebet nicht vergessen.

Bitte unseren Gott, dass er in dieser Zeit besonders Seine Nähe zeigt
und dass er uns nicht alleine lässt in der Fastenzeit auf Ostern hin,
damit wir trotz aller Schwierigkeiten die Freude nicht verlieren.
Zeige auch uns, dass du unser Ziehvater im Glauben
und unser Beschützer bist,
o heiliger Josef von Nazareth.
Amen.

 

Gebet: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Monika Erhard, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum 3. Fastensonntag - Oculi

 

„Da gibt es die Legende von einem Vogel, der in seinem Leben nur ein einziges Mal singt, doch singt er süßer als jedes andere Geschöpf auf dem Erdengrund. Von dem Augenblick an, da er sein Nest verlässt, sucht er nach einem Dornenbaum und ruht nicht, ehe er ihn nicht gefunden hat…“

-Colleen McCullough: Die Dornenvögel, Vorwort-

Ein Auszug ist es aus einer alten keltischen Sage über einen mythischen Vogel. Sicher haben einige bei diesen Zeilen den berühmten Film aus dem Jahr 1977 mit dem bekannten Schauspieler Richard Chamberlain im Kopf. Die Leidensgeschichte des Dornenvogels kann in uns zunächst Angst und Unbehagen auslösen. Im genauen Blick aber dann Zuversicht und Hoffnung geben. Der Vogel ist ein symbolträchtiges Bild für die Barmherzigkeit Gottes, die sich in Jesus so schmerzvoll zeigt. Doch die Legende nimmt ein überraschendes Ende…

 

„… Und wenn er im Gezweig zu singen beginnt, dann lässt er sich so darauf nieder, dass ihn der größte und schärfste Dorn durchbohrt. Doch während er stirbt, erhebt er sich über die Todesqual, und sein Gesang klingt herrlicher als das Jubeln der Lerche oder das Flöten der Nachtigall. Ein unvergleichliches Lied, bezahlt mit dem eigenen Leben. Aber die ganze Welt hält inne, um zu lauschen, und Gott im Himmel lächelt…“

Wir alle kennen solche Situationen im Leben, die dornig und struppig – ja, die im Augenblick aussichtlos erscheinen. Gerade dann scheine ich völlig alleine dar zu stehen, weil niemand mich verstehen will; weil niemand mitfühlen kann. Die Dornen des Leidens, der Krankheit, der Furcht… scheinen mich zu erdrücken und drohen mich zu ersticken. Aber ich kann einen bitten, mit mir in diesen Schmerz hineinzugehen – Jesus, den Gekreuzigten. Er wird gewissermaßen zum Dornenvogel. Am Kreuz überbietet er in völliger Liebe zu mir das legendarische Lied. Melancholie besingt die Nachtigall. Doch Jesu Liebe ist zu uns ist stärker! Fröhlichkeit erklingt am Morgen durch die Lerche. Aber Jesu Sieg am Ostermorgen ist kraftvoller! Gott „singt“ im Leiden Jesu die schönste Melodie für uns, die alle Erwartungen übertrifft. „Denn…“, so endet die Legende „das Beste ist nur zu erreichen unter großen Opfern.

 

Noch etwas…: Und wenn Sie am heutigen Sonntag auch ein Zeichen in die Fastenzeit bringen wollen, dann singen oder summen Sie doch einmal Ihr Lieblingslied in der Vorfreude auf den Ostersonntag in genau vier Wochen!

 

 

Text: Kaplan Tommy Reißig
Buch zur Legende: Die Dornenvögel, übersetzt von Günter Panske, München 2008.
Bild: Peter Weidemann, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Hochfest Verkündigung des Herrn - 25. März

 

Gebet zur Gottesmutter Maria für alle Ehrenamtlichen in unseren Gemeinden, für die Erstkommunionkinder und Firmlinge und für alle Kinder und Jugendlichen:
Jungfrau Maria, du Mutter unseres Herrn Jesus Christus,
du bist ein Mensch wie wir und doch hat unser Gott dich auserwählt
Seinen Sohn in unsere Welt zu bringen.
Du kennst die Freude und die Dankbarkeit einer Mutter,
und doch sind Sorgen, Angst und Schmerz um das eigene Kind dir nicht fremd.

Auch wir sind deine Kinder und hoffen auf dein mütterliches Gebet bei Gott:
Wir bitten dich für alle, die sich in unseren Gemeinde ehrenamtlich
in unterschiedlicher Weise engagieren,
und die, die sich vielfältig für den Erhalt unseres Gotteshauses und der Gemeinschaft einsetzen
und den Gottesdienst mitgestalten und mitfeiern.
Ihren Dienst können wir oft nicht genug schätzen und danken,
darum richten wir uns mit deiner Fürsprache an Gott.

Wir rufen zu dir für unsere Kommunionkinder und Firmlinge,
die sich auf den Empfang dieser Sakramente nach Ostern vorbereiten:
Dass Gott ihnen auf ihrem Weg ein treuer Begleiter ist und sie Seine Nähe erfahren.
Dass sie liebe Menschen haben, die ihnen zur Seite stehen.

Und wir bitten dich für alle unsere Kinder und Jugendlichen:
Dass sie selbst ihre Berufung von Gott erkennen und sie annehmen dürfen.
Und dass auch sie – wie du beim Besuch des Engels Gabriel –
jederzeit zu Gott ihr Ja-Wort sprechen können.

Zeige ihnen allen und uns selbst deine mütterliche Liebe
und deinen bereitwilligen Schutz,
damit wir gut in den letzten Tagen dieser Fastenzeit
und unser ganzes Leben Christus entgegengehen.

Maria, du Mutter, dich wollen wir loben,
hier unten auf Erden, im Himmel dort oben.
Für uns Menschen mit den Engel und Heiligen inmitten
mögest du für uns Gott, den Herrn, nun bitten.
Amen.

 

Gebet: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Katharina Wagner, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum 4. Fastensonntag - Laetare

 

Wo ist denn Ihr zu Hause?

Also ich meine nicht damit, wo Ihr Haus als Gebäude steht, sondern: Wo ist Ihre Heimat? Und fühlen Sie sich wohl?

Vielleicht ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten. Es gibt bestimmt mehrere Orte, an denen Sie sich geborgen fühlen. Zudem sind es mehrere Menschen, die Ihnen Geborgenheit geben. Und sicher sind auch Sie für Ihre Lieben so Ruhe- und Lagerplatz.

Für die Menschen biblischer Zeit war eines klar: Egal, wo ihr Haus steht; wo ihre Familie herkommt; wo sie sich wohlfühlen… Jerusalem ist der Ort, wo sie alle zu Hause sind. Denn nach der damaligen Vorstellung wohnte dort Gott. Auf dem Zionsberg in Jerusalem kann ich ihn finden und ihn begegnen. Dort ist meine eigentliche Heimat, wo ich mit anderen Gläubigen Gemeinschaft erleben kann. Hier bin ich geborgen!

Ich denke, die damalige Vorstellung ist weder falsch noch überholt. Auch wenn für uns Christen eine Pilgerreise in das Heilige Land nicht vorgeschrieben ist und wenn wir heute mehrere Orte haben, die wir als »heilig« bezeichnen, gibt es doch einen Ort, der für mich das heilige Haus ist: meine Heimatkirche. Dort wohnt Gott; dort erfahre ich Gemeinschaft und dort bin ich immer zu Hause.

Besuchen Sie heute oder in den nächsten Tagen Ihr heiliges Haus?

 

 

Bittgebet Deiner Kirchenbank:
Lieber, guter, treuer Gott,
nun bin ich heute ganz allein,
doch wünsche ich mir an meinem Ort,
sie würde wieder bei mir sein.
Die schöne, freundlich laute Stimme,
die ich sonntags gerne höre.
Die zu jedem Lied erklinge,
die auch bei schiefen Tönen mich nicht störe.

Ach, sie war doch immer wieder da,
nun fehlt sie oft im Kirchenjahr.
Dabei waren wir ein tolles Gespann,
sitzend schaut sie mich nur an:
Ich war ihr Stammplatz, keine Frage!
Ob Weihnachten, Pfingsten, ob die Kar- und Ostertage.

Nun vermiss` ich sie so sehr
und wünsche sie mir wieder her.
Ich möchte mir ihr feiern und zusammen beten,
denn sie kann man einfach nicht vertreten!
Ein anderer auf meinen Platz,
wär einfach nicht der richtige Ersatz.

Drum sag ich voller Sehnsucht nach Dir,
sei doch nächste Woche hier bei mir.
Komme wieder und ich bin voller Dank,
Deine geliebte und eingesessene Kirchenbank!

 


Gebet und Text: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Walter Nett / Bistum Aachen, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum 5. Fastensonntag - Passionssonntag

 

Spätestens ab heute sind die Kreuze in unseren Kirchen verhüllt! Dunkle Tücher verdecken unseren Blick auf die sonst so schönen Kruzifixe, manchmal auch die Figuren und Bilder in den Gotteshäusern. Seit fünf Wochen befinden wir uns nun in der Fastenzeit, üben Geduld und Verzicht und bereiten uns innerlich auf das Osterfest vor. Nun sollen auch unsere Augen und Sinne fasten und Entbehrungen spüren. Denn heute beginnt die Passionszeit.

Es wird also ernst: Das Leiden des Menschen wird dadurch symbolisiert, dass ihm das Bekannte und Vertraute sichtlich greifbar genommen wird. All das, was ihn ausgemacht hat, wird ihm nun entwendet. Und man versucht, ihm die Gottesbeziehung zu rauben. Seine von Gott gegebene Würde wird ihm gestohlen. Doch das Kreuz und der Mensch an ihm sind noch da! Auch wenn ich Ihn nicht immer sehen kann in meinem Leben, bleibt er doch mitten unter uns. Er verschwindet nicht, auch wenn die Welt es mir vorgaukelt. Jesus ist und bleibt da! Und mit ihm ist Gott verhüllt bei den Menschen; seine Spuren scheinen immer wieder durch.

Auch wenn die Zweifel und Sorgen in meinem Leben bleiben, ob Er mir in dieser oder jener Situation und Not helfen kann, ist und bleibt er doch bei mir. Vielleicht scheint Gott verdunkelt und verhüllt, aber doch dahinter verborgen und gegenwärtig!

 

Halte ich diese Verdunkelung die nächsten Tage aus?

 

Text: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Klaus Herzog, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Palmsonntag - Einstieg in die heilige Woche

 

♣ Zur musikalischen Einstimmung auf die Karwoche:
Johann Sebastian Bach, Himmelskönig, sei willkommen (BWV 182), Uraufführung in der Weimarer Schlosskapelle 1714.

 

„Hosianna – Hilf doch!“ So ruft heute und zu allen Zeiten das Volk Jesus zu, der auf einem Eselfohlen in die Stadt Jerusalem einzieht. Während die Kinder und die Leute ihm zujubeln, reißen sie grüne Zweige der Palmen ab und winken ihm damit zu. Es ist eine Begrüßung, wie es einem wahren König gebührt! Durch das als solches bezeichnete Messiastor reitet der Herr in die Stadt hinein. Die Stadt ist ihm vertraut und in diesen Tagen doch so fremd. Unter die Freude mischt sich allmählich die Feindschaft.

Nur noch wenige Tage und das prächtige, helle Grün der Blätter an den Zweigen wird abfallen und der Stängel wird sich in dunkler Farbe zeigen. Mit diesem Rohr wird Jesus von den Soldaten geschlagen und verspottet werden. Das Volk ruft nun: „Hilf dir doch selbst!“ Von einem königlichen Jubel über ihn ist nichts mehr zu hören. Es ist ein Spott, der einem Ausgestoßenen und der Menschenwürde Geraubten begegnet!

Wie oft schlägt in meinem eigenen Leben doch die Freude über den Augenblick um in die Realität des Alltags. Und diese Realität hat unterschiedliche Facetten: Verlußt des Arbeitsplatzes, ein Unfall, Krankheiten, Unglück, Trauer und sogar der Tod. Vom schönen Gefühl des Anfangs ist nichts mehr in mir zu spüren. Nun flehe ich zu Gott: »Hilf mir doch!« Da kommt ein zunächst kleiner Trost als Antwort zurück: Jesus zeigt uns, wie der Mensch in große Not geraten kann. Zugleich gibt Er uns die Zuversicht, dass am Ende doch der grüne Zweig mit Gottes Hilfe in meinem Leben wieder aufblüht und sogar noch schöner wird.

Folgen wir unserem Herrn in den nächsten Tagen, werden wir erleben, wie sich der heutige grüne Zweig in einen Rohrstock wandelt, aber in einer Woche als Siegespalme erblühen wird. „Hosianna – Nur Er ist unsere Rettung!“

 

Text: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Markus Suttner, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Gründonnerstag - Beginn des Österlichen Triduums

 

♣ Zur musikalischen Einstimmung auf die Triduum Woche: Friar Alessandro, Panis Angelicus, Assisi 2012.

 

Litanei zum persönlichen Gebet am Gründonnerstag

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, verborgen in der Gestalt des heiligen Brotes und doch wahrhaft hier unter uns zugegen in dieser Stunde, in der die Dunkelheit eingekehrt ist.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, du bist aus Liebe zu uns Menschen vom Himmel gekommen und hast unser Menschsein angenommen.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, in deiner Menschwerdung und deiner Geburt bist du uns Menschen gleich, unser Bruder und Freund geworden.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, mit deiner frohmachenden Botschaft, deinem treuen Wort und deiner unauslöschlichen Wahrheit hast du uns ein Beispiel an Demut und Barmherzigkeit gegeben.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, du hast uns den Vater offenbart, der durch dich zu uns gesprochen hat und du hast uns seine Liebe gezeigt.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, im Abendmahlssaal hast du heute mit deinen Jüngern Mahl gehalten, wie du auch mit uns allen Mahl halten willst.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, du hast uns das Sakrament deines Leibes und Blutes geschenkt als das Opfer des Neuen Bundes, durch das wir gerettet sind vor dem Tod.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, du bist das wahre Paschalamm, das die Sünde der ganzen Welt hinwegnimmt und uns das Leben in Gottes Reich schenken will.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, mit deinem Leiden und deinem Sterben am Kreuz hast du unsere Schuld getilgt und deine Hingabe für uns gezeigt, damit auch wir unseren Nächsten lieben können.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, mit deiner Ruhe im Grab und deiner glorreichen Auferstehung hast du den Tod vernichtet und uns das ewige Leben geschenkt.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, durch deine Himmelfahrt bist du in dein himmlisches Reich eingekehrt und bereitest uns die ewigen Wohnungen, damit wir mit dir im Himmel das Hochzeitsmahl halten können.

Sei gegrüßt, Herr Jesus Christus, du bist uns in diesen dunklen Tagen nahe, damit das Licht an Ostern von neuem erstrahlen kann.

 

Übersetzung des »Panis Angelicus«
Das Brot, das alle Engel geblickt,
wurde zu Mensch, für uns Menschen geschickt.
Das himmlische Brot, das Jesus will reichen,
wird Fleisch und wird Blut, uns ein heiliges Zeichen.
Welch großes Wunder hat Gott nun begangen,
der arme Mensch darf den Herrn selbst empfangen.

 

Litanei und freie Übersetzung des Panis Angelicus: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Friedbert Simon, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Karfreitag - Jesu Leiden und Tod am Kreuz

 

„Es ist vollbracht.“

Das Ende ist nahe. Der Jubel der Menge ist nun verklungen. Die Rufe haben sich gewandelt. Sie sind roh geworden – von „Hosianna, dem Sohne Davids“ zu „Kreuzige ihn!“

Das Ereignis der Dunkelheit des Karfreitags bleibt fest bestehen an diesem Tag. Auch wenn wir versuchen, das Kreuz wegzunehmen und schlicht zu reden, muss es doch bestehen bleiben. Jesus selbst weiß, dass es so sein muss. Er geht entschieden in diesen bitteren Tag hinein. Er weiß, daß der Weg kein einfacher sein wird. Aber er geht ihn im Vertrauen auf Gott. Ihn hat er in seinem Leben bezeugt und in seiner Botschaft verkündet. Und er vertraut darauf, dass Er nun auch diese schwierige Zeit, die vor Jesus liegt, mit ihm geht. Jesus geht den Weg zum Kreuz aus reiner Liebe zu mir.

 

„Es ist vollbracht.“

Die Fastenzeit ist bald vorüber! Seit dem Aschermittwoch haben wir verzichtet; verzichtet auf Speisen oder Getränke; uns mehr caritativen Werken gewidmet oder mehr das Gebet gepflegt. Wir haben eine gewisse Ahnung davon bekommen, auf was Jesus verzichtet hat und was es bedeutet, sich selbst zu begrenzen. Dennoch gibt es in meinem Leben immer wieder Umstände, die unvorhergesehen kommen. Gegenheiten im Leben sind es, die uns im Alltag begrenzen.

Da ist die Einstellung, naja… „Es ist vollbracht!“, nicht einfach annehmbar. Da ist eben nicht immer alles gut und hinnehmbar. Ich kann zudem nicht einfach über alles hinweg sehen. Auch wenn ich es gern so hätte!

 

„Es ist vollbracht.“

Die Passion Jesu spiegelt auch unser Leiden wieder. Jesus nimmt mich mit hinein in Seinen Kreuzweg und trägt die Schmerzen am Kreuz mit. Er fühlt nicht einfach nur Mitleid, sondern gibt sich diesem Leid selbst hin. Jesus geht mit mir nicht nur in die folgenden Stunden des Verraten-Werdens von den engsten Vertrauten, der Ungewissheit und der Angst, der falschen Verurteilung und Beschimpfung, des Leidens und des Sterbens; er geht in allen Situationen meines Lebens mit mir.

Und nun kommt das Wichtigste: Er bleibt nicht am Kreuz hängen und im Grab liegen, sondern er überwindet beides. Er geht auf Ostern zu – zum leeren Grab mit den eingefallenen Tüchern. Nun darf auch ich mit ihm durch Kreuz und Leid auf Ostern hingehen, weil ich weiß: Gott hat alles vollbracht und es wird alles gut werden.

Hosianna, dem Sohne Davids im Leiden und am Kreuz, denn es ist alles vollbracht!

 

Gebet zum gekreuzigten Jesus
Jesus, unser gekreuzigter Herr,
wir möchten an diesem stillen und traurigen Tag
Dir in Deiner letzten Stunde folgen.
So wie Du mit uns bist, sind wir heute ebenso eins in Dir.
In dieser Stunde zeigt sich die Prüfung unseres Menschenlebens.

In dieser Stunde ist die Finsternis in der Welt sichtbar:
die Erde erbebt durch das Ausmaß so vieler Ungerechtigkeit;
die Wahrheit wird getäuscht durch die Schattenseiten der Lüge;
die Stimme des Vaters in der Welt kann der Mensch nicht mehr hören.

In dieser Stunde ist die Flucht uns näher,
als der Wunsch zu bleiben.
Doch, Herr, wie Du uns beistehst,
gehen auch wir mit Dir hinein in diese Stunde der Prüfung.
Aber ohne Dich können wir sie nicht bewältigen.
Nur mit Dir in unserer Menschlichkeit
kann der Freudenstrahl von Ostern schon aufleuchten.
Amen.

 

Text und Gebet: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Peter Weidemann, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Karsamstag - Tag der Grabesruhe

 

Josef von Arimathäa, der selbst ein Mitglied des Hohen Rates war, fasst den Mut, Pontius Pilatus um den Leichnam Jesu zu bitten. So soll dieser keinen Makel erleiden und in einem Grab bestattet werden. Deshalb salben sie ihn mit wohlriechenden Ölen, hüllen den Leib in Leinentücher und legen ihn in ein neues, unberührtes Felsengrab.

Josef von Arimathäa gibt dem toten Jesus eine Ruhestätte, weitab von allem, was sich in den letzten Stunden ereignet hat. Er kann es nicht ungeschehen machen. Aber er kann die Gegenwart leichter gestalten. Was in der Vergangenheit geschehen ist, das ist geschehen und auch nicht wegzureden. Aber ich kann das Hier und Jetzt anders machen. Und dazu braucht es Mut – es braucht den Mut der Frauen unter dem Kreuz, des Johannes und auch des Josef von Arimathäa.

Josef von Arimathäa gibt mir ein Beispiel: Mir ist es möglich, dass ich dem Leib Jesu eine Ruhestätte geben kann: in meinem Herzen; in jedem Gottesdienst, in jedem Gebet, in jeder guten Geste gegenüber meinen Mitmenschen. Ich kann Jesus ein neues Grab geben, nämlich meine künftige Ruhestätte, wenn ich diese Erde verlassen muss und meine Seele bei Ihm sein will.

Jedoch wird bei mir, wie auch bei Jesus, die Ruhe der Eintritt zur Auferstehung hin sein.

 

Text: Kaplan Tommy Reißig
Foto: Friedbert Simon / Künstler: Polykarp Ühlein, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Ostersonntag - Tag der Auferstehung

 

Er sah die Leinenbinden liegen
und das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte;
es lag aber nicht bei den Leinenbinden,
sondern zusammengebunden daneben
an einer besonderen Stelle. (Joh 20,6d,7)

Jedes Jahr frage ich mich am Ostersonntag, was uns diese – scheinbar unwichtige – Bemerkung sagen will. Was interessiert es denn den Zuhörer, dass das Schweißtuch Jesu zusammengebunden ist und an einer besonderen Stelle in der Grabkammer liegt?

Der berühmte Schriftsteller Franz Kafka (1883 bis 1924) schrieb in seinem unvollendeten Roman „Das Schloß“ den Satz:

„Du kannst jemanden, der die Augen verbunden hat,
noch so sehr aufmuntern, durch das Tuch zu starren,
er wird doch niemals etwas sehen;
erst wenn man ihm das Tuch abnimmt, kann er sehen.“

 

Die Leinentücher, in die der Leichnam Jesu gewickelt ist, sollen seinen Körper vor äußeren Schädigungen bewahren, das Blut der Wunden aufnehmen und vor Gott die Gleichheit aller Menschen symbolisieren. Jedoch bedeuten die Tücher für den auferstandenen Herrn eine äußere Grenze, die den verklärten Leib des Auferweckten nicht mehr halten können. Christus entschwindet den physikalischen Grenzen und Gesetzen dieser Welt, weil diese es nicht fassen kann, dass das Wort Gottes für seine Geschöpfe stirbt. Durch das Ja-Wort Gottes zu Seinem Sohn und zu uns, ersteht Jesus von den Toten. Er entschwindet von den ihn begrenzenden Leichentücher, weil der Lebendige nun nicht mehr bei den Toten gesucht werden kann (vgl. Lk 24,5 d).

Das griechische Wort für zusammengewickelt kann man auch als in sich eingefallen deuten. Jesu Leichnam ist im Geheimnis der Auferstehung den Augen dieser Welt entschwunden, damit der Mensch durch das Ostergeschehen wieder „sehen“ kann.

Die Leichentücher sind stille und doch aussagekräftige Zeugen von Ostern. Jedoch darf der Blick des Menschen nicht bei diesen Stoffresten bleiben, sondern auf den Hinweisen, den Krankheit, Leid und Tod in dieser Welt nicht mehr fassen können; auf ihn, den Krieg und Terror nicht antasten können und der wiederum in diesem Jahr zu uns sagt:

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Joh 16,33 c-e)

 

Die zusammengefallenen Leichentücher sind der Beweis; Petrus und Johannes sind unsere Zeugen. Seien auch wir Zeugen der Auferstehung Jesu und des leeren Grabes. Befreien auch wir uns heute von unseren äußeren Binden, die uns begrenzen und wagen wir einen Blick aus dem Fenster hinaus in die Schöpfung, aus der Dunkelheit der äußeren Begrenzungen weg in das Licht Gottes.

 

Text: Kaplan Tommy Reißig
zitierte Textstelle: Franz Kafka, Das Schloß, 15. Kapitel, Prag 2007.
Foto: Martin Manigatterer, in: Pfarrbriefservice.de

 

Zum Weißen Sonntag- Quasimodogeniti

 

„Gott redet, und Quellen springen auf: Wasser des Lebens bricht hervor.“ So lautet ein Kehrvers aus dem alten Gotteslob. Hierin wird ein Lob auf das Wasser gesungen, dass mit Gott in „Berührung“ kam.

Beim Letzten Abendmahl reicht Jesus Wein und sprach: „Trinkt!“ Wein besteht aus Wasser und Traubensaft: Das Wasser des Weines deutet schon hin auf die Schlichtheit des Kommenden am Karfreitag, aber auch auf meine Lebensfreude an Ostern.

Als Jesus am Kreuz hing sagte er: „Ich habe Durst!“ Man reichte ihm einen Schwamm mit Essig. Essig besteht aus Wasser und Säure: Das Wasser in der Essigsäure verdünnt den oft sauren Geschmack meines Lebens und gibt zugleich Würze, wenn es fad geworden ist.

Nach seiner Auferstehung lehrt Jesus: „Tauft alle Menschen! Ich bin immer bei Euch.“ Dieses Wasser besteht aus dem Leben Gottes: Durch Jesu Tod und Auferstehung ist Er seit meiner Taufe immer bei mir: in Freude, in Leid, in meinem Leben und in meinem Tod, damit ich für immer bei ihm lebe – das Osterwasser aus der Nachtwache an Ostern ist dafür meine Zuversicht!

 

Gebet zum Osterwasser:
Herr Jesus Christus,
durch das Wasser meiner Taufe
hast Du mein Leben wie Wein versüßt,
meine Durststrecken, Sorgen und Ängste mit mir getragen
und mich vom ewigen Tod befreit.
Lass mich durch dieses Osterwasser,
mit dem ich mich bekreuzige,
das Geschenk meiner Taufe nie vergessen
und erinnere mich, dass Du jeder Zeit mit mir bist.
Führe mich durch Dein Wort in Freude und Leid
hin zu der Lebensquelle, die an Ostern ihren Anfang nimmt.
Amen.

 

Text: Kaplan Tommy Reißig
Bild: Sylvio Krüger, in: Pfarrbriefservice.de