Predigt zum 26. Sonntag im Jahreskreis „Festgottesdienst mit der Feuerwehr in Halsbach“ – Der Reiche, Pilatus und die Unschuld der Wahrheit…

 

Liebe Kameradinnen und Kameraden unserer Halsbacher Feuerwehr,
liebe Schwester und Brüder!

Seit der Allgemeinen Erklärung der Menschrechte der Vereinten Nationen gilt seit dem Jahr 1948 vor dem staatlichen Recht die sogenannte Unschuldsvermutung. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Menschenrechts und der Menschenwürde. Niemand, dem eine Tat zur Last gelegt wird, darf vorverurteilt werden. Erst nachdem aus tatsächlichen Gründen die Schuld rechtskräftig nachgewiesen wurde, darf ich eine Person mit der Schuld definitiv in Verbindung bringen. Vor Gericht mag das zwar offiziell gelten und ein wichtiger Grundsatz sein. Aber der Mensch macht die Erfahrung, daß es im gesellschaftlichen Ansehen doch anders ist. Nicht zuletzt beklagen auch Politikerinnen und Politiker – gerade erst vergangene Woche –, daß diese Unschuldsvermutung sehr relativ genommen wird. Zum Glück sind auch hier vor dem Gesetz der Gesellschaft alle Menschen gleich.

Das mag für einen modernen Rechtsstaat plädieren, aber die biblischen Texte, die wir heute hören, weisen uns genau darauf hin: Der Apostel Paulus schreibt an seinen Freund Timotheus, daß Jesus von Nazareth vor seinem Richter Pontius Pilatus für seinen Glauben und seine Überzeugungen gegenüber Gott und den Menschen einsteht. Dabei wäre es aus rein menschlicher Perspektive heraus angeraten gewesen, mit dem Richter zu kooperieren als Angeklagter. Jeder gute Rechtsanwalt rät schließlich dazu. Doch für Jesus Christus ist es in jener Stunde entscheidend, die Wahrheit zu bezeugen.

Wir haben nun sicher alle die Szene am Karfreitag vor Augen, in der Jesus vor Pilatus geführt wird, ob aus Bildern oder Filmen. Das ist der entscheidende Moment für die Wahrheit im Leben einzutreten. Ob sie die anderen bequem oder unbequem sein mag. Möglicherweise ist es auch gar nicht so eindeutig, was nun die eigentliche Wahrheit ist. Aber die Wahrheit will auch gelebt werden von mir.

Vor dem Reichen im Evangelium hat sie nicht bestanden. Er bastelt sich seine eigene Wirklichkeit, indem er nur auf sich schaut. Mir soll es gut gehen! Mit diesem Gott habe ich nichts zu schaffen, solange er mir Vorschriften macht und mich nicht einfach in Sauß und Braus leben lässt! Was gehen mich andere Menschen an?! – So denkt der reiche Prasser in seinem ganzen Leben. Als der Moment der endgültigen Wahrheit für ihn kommt, ist es zu spät. Erst nach dem Tod muß er feststellen, daß er schuldig geworden ist an demjenigen, der seine Hilfe gebraucht hat. Er soll nicht sein ganzes Leben für andere wegwerfen! Lediglich ein Blick zur Seite, nach links und nach rechts, selbst weg aus dem Fokus, reicht schon. Doch das fällt ihm erst recht sehr schwer.

Dafür steht der Einsatz unserer Feuerwehrkräfte, unserer Kameradinnen und Kameraden, die nicht nur sich sehen, sondern die Not der Anderen im Blick haben. Genau das ist der wertvolle Dienst, den unsere Gesellschaft braucht. Es geht nicht immer um Schuldigkeit und Unschuldigkeit. Oft geht es um das rechte Maß zum Helfen. Wenn Ihr bei jedem Notfallruf immer nachdenkt: „Hat derjenige selbst das Feuer gelegt oder die Katze auf den Baum getragen? Hat sie etwas verbrochen? Ist derjenige denn ein „guter“ Mensch, der es verdient hat, daß ihm geholfen wird?“ – Diese Fragen blockieren mich selbst und helfen nicht! Selbstloses Handeln geht anders und fragt nicht nach dem Hintergrund, sondern nach dem Menschen, der mich braucht! Ich sehe die Not des Anderen und nicht seine Hintergründe. Ich setze mein Leben für ihn ein. Dafür seid Ihr als Feuerwehr stets und ständig bereit im Bergen, Retten, Löschen und Helfen. Das prägt Euch als Gemeinschaft für unser Dorf und diejenigen, die hier leben. Ihr nehmt Euch ein Beispiel am Prophet Amos, der sagt: Ich soll über meinen Schatten springen und nicht nur mich selbst in den Fokus stellen. Gerade dafür stehen alle Feuerwehren, Ärzte und Menschen in Medizin- und Pflegeberufen. Es ist wichtig, daß wir da sind, wenn wir gebraucht werden. Egal, was ich für einen Beruf habe; aber weil ich ein Christ bin.

Diesen Gedankensprung – einfach da und dem armen Lazarus nahe zu sein – kann der Reiche im Evangelium nicht vollbringen. Er zählt! Niemand sonst, bis es für ihn zu spät ist und er einsichtig wird. Nach dem Tod erkennt er die Wahrheit, wie er mit anderen umgesprungen ist zu seinen Lebzeiten. Er hat die Wahrheit im Leben nicht gesucht und sich somit schuldig gemacht. Nicht nur schuldig vor dem anderen Menschen, der ihn gebraucht hätte; in erster Linie wurde er schuldig vor sich selbst, vor seinem Gewissen. Die Wahrheit hat er ausgeblendet.

Und die Unschuld ist nicht ein Frei-Sein von eigenen Fehlern. Sie ist ein ehrliches Bestehen vor der Wahrheit, die uns Jesus zeigt. Er steht nicht für sich vor Gericht, sondern für unsere Hoffnung auf Erlösung vom Leid. Gegen dieses Leid gilt es auch heute, im Jahr 2025, mit Gottes Schutz und Hilfe anzukämpfen und Jesus uns als Vorbild zu nehmen. Denn Leid gibt es ja mehr als genug in der Welt. Davon kann unsere Feuerwehr ein Liedlein singen. Doch ein winziges Lächeln für mein Gegenüber durchbricht das Leid bereits.

Liebe Kameradinnen und Kameraden,
darum schließe ich zum Schluß meiner Predigt gerne mit einer Scherzfrage an Euch:

Was haben Feuerwehrleute
und wir Priester gemeinsam?
Wir dürfen immer dann `ran,
wenn es brenzlich wird im Leben.

Ich freue mich, dass ich diesen Tag mit Euch in Halsbach feiern darf und daß wir im Anschluß den Festzug zum neuen Feuerwehrhaus. Ich danke Euch ganz herzlich für Euren freiwilligen Dienst für uns alle! Dafür, daß Ihr Euer Leben für uns einsetzt, wenn wir in Not sind. Ich danke Euch, daß es Euch wichtig ist in dieser Zeit, um Gottes Segen für Euch und Euren Dienst zu bitten. Der Segen ist ein Zeichen dafür, daß Gott direkt dabei ist, wenn Ihr ausrückt.

Gott schütze Euch bei Euren Einsätzen und helfe Euch selbst unverletzt zu bleiben. Und der heilige Florian begleite Eure Tätigkeiten für die Menschen, die Schuldigen wie auch die Unschuldigen, die beide Euch in Wahrheit brauchen und nach Euch suchen. Vergelt`s Gott dafür! Denn:

Gott zur Ehr`
dem Nächsten zur Wehr! Amen.

 

Kaplan Tommy Reißig.

 

Bild: Friedbert Simon (Foto), Alois Bergmann-Franken (Künstler), in: Pfarrbriefservice.de