Er ist einer der umstrittensten Filme aller Zeiten! Seit 21 Jahren warten die Kinoliebhaber darauf, dass Jesus von Nazareth nach seiner Passion von den Toten aufersteht. In einer Version, die in dieser Art und Weise nie zuvor gedreht wurde, blickt Mel Gibson 2004 auf die letzten Stunden im Leben Jesu Christi. Die eindrücklichen Bilder des Filmes, in dem Gibson nicht nur die Evangelien als Quellen hinzunahm, prägen bis heute. Jesus wird in grausamster Art und Weise gefoltert und getötet. Außerdem vermitteln die gesprochenen antiken Sprachen der damaligen Zeit, dass es sich eher um eine Dokumentation als um eine Interpretation eines Regisseurs handelt. Nicht nur einfache Gläubige übten scharfe Kritik an diesem Jesusfilm, sondern auch kirchliche Würdenträger.
Vorgestern setzte sich der Regisseur Gibson erneuter Kritik aus, als er die Hauptrollenbesetzung verkündete. Nicht nur Jesus wird von einem anderen Schauspieler dargestellt, sondern auch Maria von Magdala und seine Mutter Maria. Sie, die reine Mutter Jesu, wird in den kommenden zwei Verfilmungen der Auferstehung und der Himmelfahrt von der polnischen Schauspielerin Kasia Smutniak gespielt werden. Die 46-jährige gilt in den Medien als eine Befürworterin einer liberalen Abtreibungssichtweise, die für viele Gläubige mit dem Bild von der Jungfrau Maria nicht in Einklang zu bringen ist. Gibson selbst gilt als äußerst konservativer Christ und muss daher mit scharfen Worten aus den eigenen Reihen klarkommen. In der ganzen Debatte geht es doch um die zentrale Fragestellung: Wie gehe ich mit der Würde des Heiligen um? Immerhin heißt der Festtag, der vor uns liegt ja: Aller-Heiligen. Um diese wichtige Frage zu beantworten, müssen wir miteinander klären, was das Heilige bedeutet und wie dessen Würde bewahrt werden kann.
Ich verstehe den Kritikpunkt und die Bedenken an der Rollenbesetzung, weil ich selbst die Einstellung des Regisseurs zu diesem Thema kenne. Und daher verwundert es mich. Dennoch geht es in erster Linie um eine Rolle, bei der schauspielerische Qualitäten im Vordergrund stehen. Wenn Smutnika Maria verkörpert, schlüpft sie in die Rolle dieser heiligen Frau und muss sich an ihr ausrichten. Sie soll und sie wird keine zweite Muttergottes werden. Aber sie erhält dadurch die Möglichkeit mit dem »Heiligen« in Kontakt zu kommen. Es soll nicht um eine Perfektion in der Darstellung gehen, sondern darum, an der echten Maria von Nazareth einen Anteil zu bekommen. Genau das hat die Menschen ausgezeichnet, die wir „Heilige“ nennen: Sie waren keine perfekten Menschen, keine Superhelden, keine Überflieger. Sie waren Menschen wie Du und ich. Es ging in ihrem Leben nicht um die eigene glanzvolle Darstellung, sondern um die Ausrichtung auf Gott hin. Wer in seinem Leben erkannt hat, dass er nicht alleine sein muss und nicht alleine sein kann, weil er den Herrn an seiner Seite braucht, der ist selig zu preisen. Nehmt Euch verschiedene Heilige heraus, egal, ob sie aus früherer Zeit stammen oder aus der neueren Zeit und ihr werdet entdecken, dass auch sie Menschen waren. Sie waren gute Menschen, weil sie mit Gott durch das Leben gingen, aber doch Menschen. Menschen, die sich ihrer Sündhaftigkeit, aber im Licht Gottes auch ihrer christlichen Würde bewusst waren.
Diese Würde ist nichts Abstraktes, sie ist sogar ganz konkret geworden in meiner Taufe. In dem Moment, als mich Gott als sein Kind annimmt beim dreimaligen Übergießen mit dem Wasser, wird mir diese Gottes-Kind-Würde geschenkt. Sie kann niemals verloren gehen. Aber ich kann sie verkümmern lassen, wenn ich nur auf mich schaue, Gott nicht an meinem Leben teilhaben lasse und die Würde meiner Mitmenschen missachte. Dabei kommt diese Liebe doch zuerst von Gott und ist an mich gerichtet: „Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es.“ [1 Joh 3,1abc] Das ist nicht nur ein Versprechen und eine Zusage, dass ist die Gewissheit des Johannesbriefes. Und zugleich ist diese Gewissheit auch ein Anspruch an mich. Das Heilige ist in mir selbst grundgelegt und besitzt eine Würde. Beides kann sich aber nur gut entwickeln und in mir wachsen, wenn ich mich auf den Weg mit Gott an meiner Seite einlasse. Er zwingt mich auch nicht; er bietet es mir an. Fast ist es so, als wenn Gott mir als Regisseur meines Lebens eine „Rolle“ in seinem großen Erlösungswerk für die Welt anbietet. Obwohl er weiß, dass ich fehlerhaft bin; dass ich nicht die Rolle der Jungfrau Maria ausfüllen kann; dass ich kein Petrus und auch keine Mutter Theresa bin. Er tut es, weil er weiß, dass ich Ich bin. Und er braucht mich, nicht weil er weiß, dass er auf mich angewiesen ist, sondern er braucht mich, weil er weiß, dass ich sein geliebtes Kind bin [vgl. 1 Joh 3,2a]. In dieser Rolle traut er mir zu, dass ich Stationen und Ansichten meines Leben überdenken und ändern kann. Jesuanisch am heutigen Festtag gesprochen, daß ich selig mit ihm werden kann.
Da mag dann auch noch so viel Kritik von außen kommen, weil Gott mich in seiner Rollenbesetzung der Heiligen und Seligen eingeplant hat. Bestimmt versteht es auch nicht jeder, warum gerade ich ausgewählt wurde. Ich verstehe oft auch nicht, warum er oder sie genauso mitspielen darf wie ich. Wenn ich aber jedem zutraue, die Rolle in Gottes Plan gut auszufüllen und währenddessen ein Stück Heiligkeit in der Person anbricht, dann brauche ich mir um meine Heiligkeit keine Gedanken zu machen. Dann kommt Gott auch auf mich direkt zu, weil ich durch meine Taufe zur Würde der Heiligkeit berufen bin. Die Schauspielerin Kasia Smutniak wird es uns im Film der „Passion Christi 2 & 3“ deutlich vor Augen führen: Ein einfacher Mensch, mit Stärken und Schwächen, verkörpert eine Heilige. Weil in Jesus von Nazareth der heilige Gott selbst ein ganzer Mensch ist.
Welche Heiligenrolle willst Du eigentlich am liebsten schauspielen?
Maria, Josef, Barbara, Papst Johannes Paul II.
Bleibe doch bitte Du selbst! Denn Gott hat auch Dir die Würde des Heiligen geschenkt.
Kaplan Tommy Reißig.
Artikel über die Besetzung der Passion Christi 2 & 3: oA.: Neuer Film „Die Auferstehung Christi“. Mel Gibson besetzt Rolle der Maria mit Aktivistin für Abtreibungen, URL: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.neuer-film-die-auferstehung-christi-mel-gibson-besetzt-rolle-der-maria-mit-aktivistin-fuer-abtreibungen.ce4f9dcd-65e7-4b88-926c-ae93df9886c8.html [letzter Zugriff: 30.10.2025].
Bild: Christiane Raabe, in: Pfarrbriefservice.de
 
				