„Weihnachten ist keine Jahreszeit. Es ist ein Gefühl.“
(https://www.forum-fuer-senioren.de/beruehmte-zitate-ueber-weihnachten/)
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Ja, ist denn heut` schon wieder Weihnachten? Habe ich mich jetzt im Kirchenjahr geiirt? Wenn es nach der amerikanischen Schriftstellerin Edna Ferber (1885 bis 1968) geht, dann ist es ja heute am 01. Juni – dem Kindertag – möglich. Gut, nur noch wenige Wochen und es gibt im Supermarktregal wieder Lebkuchen, Spekulatius, die „schönen“ Weihnachtsmänner oder auch die richtigen Nikoläuse mit Stab und Mitra. Ich bevorzuge aber lieber einen schönen Baumkuchen. Und ich muß ehrlich gestehen: Wer mich kennt, weiß, daß ich ein großer Freund von Weihnachten und vor allem von der Weihnachtsdekoration bin. Es fällt mir auch jedes Jahr sehr schwer, nicht schon frühzeitig zu schmücken.
Aber was zu viel ist, ist zu viel. Heute sind wir einer echten Zumutung ausgesetzt! Es geht heute nicht nur um ein Gefühl, sondern um eine bittere menschliche Realität: Die Erzählung des Todes des ersten Blutzeugen Stephanus wird uns in der ersten Lesung vor Augen geführt. Eigentlich wird diese Lesung klassisch am Zweiten Weihnachtsfeiertag vorgelesen und bildet den Charakter dieses Tages. Stephanus verdrängt in der Weihnachtszeit das harmonische Gefühl von Frieden und Freude. Nach der Geburt Jesu kommt der Tod dessen, der fest an ihn geglaubt hat. Das leuchtende Weiß der Weihnacht wird verdrängt durch ein tiefes, dunkles Rot. Er geht den Weg, den Jesus selbst gehen muß.
Diese Farbe, die wie keine andere das Martyrium eines Menschen beschreibt, ist eben dieses Dunkelrot. Es dominiert und ist nicht spaßig; kann aber dennoch fröhlich und freundlich sein. Fröhlich darüber, was ich alles erreicht habe in meinem Leben, in meiner Familie, in meinem Freundeskreis und in meinem Beruf. Es ist eine Fröhlichkeit, die mit einem gewissen gesunden Stolz über ein Erdenleben und meinen Verdiensten einhergeht. Wenn diese rote Farbe, die das Weiß an Weihnachten durchbricht, nicht verbinden würde, so wie das Blut den Stephanus mit Christus verbunden hat, hätten wir uns niemals in der Kirche kennen- und schätzen gelernt.
Wenn Stephanus nicht dem Vorbild Jesu glauben würde, wäre sein Tod mehr als sinnlos! Und seine letzten Worte: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ [Apg 7,59d] bezeichnen seine Zuversicht. Aber Stephanus erkennt trotz allem Schlimmen eine Art von „Fröhlichkeit“ in der Beziehung mit Gott und mit Jesus Christus, weil er weiß, daß Gott am Ende alles gut macht. Der Tod hat nicht das letzte Wort, wie es uns Ostern lernt! Das Rot des Martyriums steht für seine enge Verbindung zu Jesus und für seine Standhaftigkeit im Glauben und in der Hoffnung. Trotzdem ist und bleibt mein Leben an vielen Stellen ernst! Aber auch Gottes Versprechen, mir beizustehen und mich zu stärken in schwierigen Lebensstationen, ist es ebenso. Auch wenn ich das nicht immer wahrnehmen oder gar spüren kann, hat Er es vesprochen. Gerade in unserer kirchlichen und menschlichen Gemeinschaft erfahren wir ein Stück dessen, was uns bei Gott erwartet – es ist wie eine innere Osterfreude und eine äußere Weihnachtsfröhlichkeit. Darum sagt Edna Ferber zurecht, daß Weihnachten ein Gefühl ist für das ganze Jahr und mit Ostern ist es ebenso.
Wer weiß, vielleicht sehen wir Rot und Weiß im Himmel wieder. Das Dunkelrot des Stephanus, ist wie das schöne Weiß eine der starken Ausdrucksfarben, die für manche Menschen durch das Leiden (rot) zum Himmel (weiß) führen. Dort, wo nun der heilige Stephanus ist, erwartet Gott uns alle. Wichtig ist, meine ich, wenn wir am Ende unseres Lebens in der Rückschau einmal sagen dürfen: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ [Apg 7,59d] Und Gott erwartet die unterschiedlichen Menschen auf verschiedene Weise, wie auch unser Leben sehr verschieden ablaufen kann. Und er erwartet uns so, wie an Weihnachten unsere Eltern und Großeltern vor dem reich geschmückten Baum mit den vielen Geschenken erwartet haben.
Darum sage ich nun nicht: „Fröhliche Weihnachten!“, aber ich sage für alle Tage und mitten im Kirchenjahr: „Christ, der Retter ist da!“ Amen, Halleluja!
Kaplan Tommy Reißig.
Bild: Christiane Raabe, in: Pfarrbriefservice.de