Predigt zum Hochfest der Apostel Petrus und Paulus 2025 – Getrübter Weißer Rauch…?!

„Papst Franziskus und Papst Benedikt XVI: Dem Gendarmen wird gekündigt.“

Diese große Schlagzeile erschien vor zwei Jahren in der überregionalen deutschen Wochenzeitung Die Zeit. Zugegebenermaßen etwas verwirrt aufgrund des Titels hat mich der Inhalt des Artikels sehr interessiert. Und er interessiert mich auch bis heute, gerade auch nach dem letzten Konklave vor zwei Monaten. Zum einen finde ich es merkwürdig, daß heute in einer publiken Zeitung noch jemand das Wort Gendarm verwendet. Es ist als alter Begriff zwar noch geläufig, aber im aktuellen Sprachgebrauch ist es trotzdem bei den jüngeren Deutschen verschwunden. Zum anderen hat mich der direkte Vergleich beider letzter Päpste des 21. Jahrhunderts interessiert. Im Artikel kommt klar und eindeutig die persönliche Meinung des Autors zum Vorschein, daß Papst Franziskus nach dem Tod seines Vorgängers nun Vieles anders machze. Er schien – so der Verfasser des Artikels – freier zu werden und zu handeln und reformfreudiger zu sein. Gab und gibt es also nicht immer den klaren weißen Rauch im Vatikan?

Bevor ich meine Predigt weiter halte, möchte ich gleich dazu sagen, daß auch ich in dieser Frage parteiisch bin. Benedikt XVI. hat mich in meinem Leben und in meinem Glauben nachhaltig sehr geprägt und er ist zugleich ein wichtiger Grund für mich, warum ich Priester geworden bin. Das ist so und das ist ein Teil meines Lebens! Das bedeutet nicht, daß ich jede einzelne Ansicht und Aussage dieses Papstes teile; aber das tue ich auch nicht vom Papst Franziskus. Und zu Papst Leo XIV. kann ich nur sagen: Lassen wir ihn erst einmal gut in seinem Amt und seiner schwierigen Aufgabe ankommen. Ich möchte aber, weil es sich am heutigen Festtag aufgrund der Lesungstexte anbieten, die beiden Päpste anhand zweier biblischer Vorbilder charakterisieren – ohne zu sehr kirchenpolitisch zu werden. Denn das gehört für mich nicht in eine Sonntagspredigt und wenn, nur in Maßen.

Schauen wir uns zunächst Papst Franziskus genauer an: Franziskus hatte das Charisma wie der Apostel Simon Petrus. Petrus, der Fischer als Handwerksberuf gelernt hat, Lebenserfahrung mit sich bringt und eine Familie hatte. Er läßt nach dem Anruf Jesu alles stehen und liegen und folgt Ihm nach. Er vertraut von Anfang an auf Jesus. Für die anderen Jünger möchte er eine gewisse Vaterrolle übernehmen, die oft fürsorglich ist, aber die Jesus hin und wieder einordnen und eindämmen muß. Nichtsdestotrotz ist es oft der Mutigste der Apostel, wie sein heutiges Bekenntnis zeigt: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ [Mt 16,16] Die anderen haben sich das nicht getraut. Darum vertraut Jesus dem Petrus Seine Kirche auf der Erde an. Er soll für sie Sorge tragen, auf sie aufpassen, wie es ein guter Vater und Seelsorger tut. Und mehr noch: Jesus Christus preist ihn selig, also Er sagt ihm schon auf der Erde, daß er zum Himmel gehört [vgl. Mt 16,17 f.].

Und dann lernen wir im Evangelium noch den anderen Petrus kennenlernen. Einen voreiligen und besserwisserischen Petrus, der aus Fürsorge verhindern will, daß Christus stirbt [vgl. Mt 16,23]. Petrus hört wieder einmal auf seinen Bauch und will mit dem Kopf durch die Wand. Ein echter Fischer und Mensch aus dem Leben eben – und das nicht abwertend gemeint, im Gegenteil!

Auch der verstorbene Papst Franziskus agierte oft wie Petrus. Er sprach zu den Menschen in deren Sprache. Er sprach sie persönlich an. Er benutzte keine hochgelehrten Begriffe, die niemand (mehr) versteht. Er sprach immer wieder von der Barmherzigkeit Gottes; aber er schämt sich auch nicht seinen eigenen Laden die Meinung zu sagen. Teilweise zu recht und teilweise sehr harsch, wie ich finde! Dieser Papst war ein Mann, der Not und Elend gesehen hat und für die Armen da sein wollte; ein echter Menschenfischer also.

Papst Benedikt XVI. hingegen glich ohne Zweifel dem Apostel Paulus: Ihn haben wir heute wieder gehört in der Lesung an die Römer. Er sinnierte über die Weisheit Gottes, die ein Abstraktum für uns ist. Er beschäftigt sich mit philosophischen Fragen; hatte eine gute Bildung genossen; kam aus einem guten Hause und war ein brillanter Theologe. Ihm kam es darauf an, daß der Mensch Gott in seinem Leben und Denken erkennt. Paulus mußte viel für die Wahrheit und für den Glauben an Gott erdulden. Seine Seelsorge besteht im Wissen und der Aufklärung der Menschen.

Genauso war der verstorbene Papst Benedikt XVI. Er war einer der klügsten Theologen der Neuzeit. Er war angetan von der Schönheit der Dinge und der Musik und war der Überzeugung, daß man Gott darin erkennen kann. Gott, der der unendlich Große ist, macht sich für den Menschen klein. Ob er immer verstanden wurde – sowohl theologisch wie auch menschlich – und immer die besten Berater um sich herum hatte, stelle ich aber in Frage!

Was ist für unsere Kirche nun besser – ein Papst, der aus handwerklichen Verhältnissen kommt und die Not der Kleinen kennt, aber hin und wieder über das Ziel hinaus schießen kann? Oder ein Papst, der ein brillanter Denker ist, die Liebe Gottes im Wissen vermitteln will, aber manchmal zu sehr hinter den Büchern vergraben scheint?

Ist in der Kirche Gottes nicht genug Platz für jeden von uns? Hat nicht jede und jeder sein und ihr eigenes Charisma, das uns von Gott gegeben ist und ausmacht?! Mich stimmt es immer sehr traurig, wenn wir die Menschen in der Kirche und außerhalb auf diese (kirchen-)politischen Ausrichtungen reduzieren. Jeder hat seine Vorgeschichte und seine Erfahrungen, die er mitbringt. Jeder Mensch darf und kann sich selbst nicht verstellen oder verleugnen. Sonst gibt er oder sie das Mensch-Sein auf! Es gibt in der Kirche nicht nur Räuber und Gendarm. Es gibt Menschen, wie Du und ich. Es gibt Petrus und es gibt Paulus; Franziskus und Benedikt, Pfarrer und Kaplan, Pastoralreferentin und Sozialpädagogin… Jeder von uns hat seine Berechtigung in der Kirche Gottes. Und das ist es, was wir heute miteinander feiern.

Petrus und Paulus sind nicht immer gute Freunde; es gibt sogar ziemlichen Streit zwischen den beiden. Und dennoch brennen sie für die eine Sache innerlich: Sie wollen den Menschen zu Gott führen und allen von ihm und seiner Nähe zu mir erzählen. Auch im Vatikan gibt es den grauen Rauch, der nicht eindeutig schwarz oder weiß ist und das muß er auch nicht! Egal, ob ich mich symbolisch gesehen nun als Petrus oder als Paulus fühle – ich habe immer meine Berechtigung, in der Kirche Gottes zu leben und zu wirken. Amen.

 

Kaplan Tommy Reißig.

Bild: Jessica Krämer / dbk, in: Pfarrbriefservice.de
zitierter Artikel in der Zeit: https://www.zeit.de/2023/36/papst-franziskus-benedikt-xvi-theologie