Predigt zum Jahrtag der Vereine in Rodenbach 2025

 

♣  Zur musikalischen Einstimmung auf die Predigt bitte online anhören: Master KG – Jerusalema [Feat. Nomcebo] 

 

Liebe Vereinsmitglieder der Blasmusik,
unserer Freiwilligen Feuerwehr,
des Carnevalvereins und der Tanzgarde in Rodenbach,
des Sportvereines, des Gesangvereines,
der Ortsverkehrswacht, des Obst- und Gartenbauvereines
und unserer Pfarrgemeinde!

 

„Ich hatte diese wunderschöne Melodie gefunden und habe sie immer und immer wieder gespielt.
Sie war spirituell, ich konnte nicht genug davon bekommen.“ (Zitat: Kgaogelo Moagi, Jerusalema 2019)

Mitten in der Coronazeit, also vor fünf Jahren, – ich weiß, die meisten erinnern sich nicht gerne zurück –, aber damals ging ein Lied um die Welt. Das Lied heißt »Jerusalema«. Vielleicht hat der eine oder die andere von Euch gerade das Lied im Kopf. Das einzige Wort, das unser deutsches Gehör versteht ist eben „Jerusalema“ und was das heißt, brauche ich Euch nicht übersetzen, denke ich. Die übrigen Worte sind in einer südafrikanischen Sprache geschrieben. (Ich hatte zuerst überlegt, ob ich unsere Blaskapelle bitte, das Lied für uns zu spielen. Aber da ich es nicht nachsingen kann, wollte ich auch nicht so gemein zu unseren Bläsern sein.) Die eingängige Melodie schaffte es aber, durch die ganze Welt zu klingen. Und was ganz erstaunlich war, ist der Tanz, der überall nachgemacht und gefilmt worden ist, sie es von Krankenschwestern und -pflegern, Flugpersonal, Feuerwehrleuten oder auch von Nonnen und Priestern. So konnte man mit Abstand zueinander den aktuellen Alltag der Einschränken und Entbehrung wenigstens für 4 Minuten und 15 Sekunden hinter sich lassen. In die Welt, die schlimm war, brach etwas Neues, wie ein Stück Himmel herein.

Nun habe ich Euch ja erzählt, daß die Melodie zwar sehr eingängig ist – wie auch der Komponist ja sagt –, der Text aber für einen Europäer unverständlich. Ich möchte Euch aber gerne die Übersetzung geben (nach: https://www.antenne.com/corona/corona_good_news/Jerusalema-Der-Song-der-die-Welt-zum-Tanzen-bringt-id439518.html):

„Jerusalem ist meine Heimat,
bitte geh mit mir, bitte beschütze mich
und lass mich nicht zurück.“

 

Wer gut in der zweiten Lesung des Sehers Johannes aufgepasst hat, wird die Worte in ähnlicher Weise wieder erkennen. Johannes betrachtet die Welt vor 1.900 Jahren. Er bemerkt, daß es den Menschen nicht gut geht. Sie werden unterdrückt; sie werden für ihre Überzeugungen nicht nur ausgelacht, sondern mitunter auch gefoltert und getötet; sie werden ihrer Würde beraubt. Man könnte auf die Idee kommen, daß war nicht vor 1.900 Jahren geschehen, sondern gestern niedergeschrieben worden.

In dieser Zeit hat er eine Vision von Gott – wie auch immer ich diese Vision verstehen kann –, aber eine Vorstellung, wie es sein wird. Nicht, wie es sein kann, sondern wie es bei Gott ist. Da ist die Rede vom neuen Jerusalem. Damit ist nicht die Stadt gemeint, in der es momentan sinnlose Auseinandersetzungen gibt, für die religiöse Motivationen erfunden werden. Nein, es ist die Heimat aller Menschen gemeint. Eine Heimat, in der es keine Ungerechtigkeit, keine Krankheiten und keinen Krieg mehr gibt. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein! Doch es ist Gottes Osterversprechen an mich. Der Mensch ist und bleibt vor Gott frei!

Und als Gipfel der Lesung formuliert der Seher Johannes noch: „Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen!“ [Offb 21,3b] Diese Wohnung ist nicht in einer fernen Galaxie, nicht in einer Wahnvorstellung, keine Vertröstung auf den Himmel irgendwann; sondern sie ist jetzt! Gott ist unter uns. Er ist hier bei uns. Und er geht mit uns, wie der Liedtext sagt.

 

Wenn Ihr nun einen Beweis von mir haben wollt, daß es stimmt, was ich sage, dann muß ich Euch enttäuschen. Ich habe nicht keinen Beweis: Ich versuche es mit zwei Andeutungen.

  1. Seit es Menschen gibt, gibt es Leid in der Welt. Menschen erfahren Leid. Menschen geben Leid weiter. Menschen verletzen. Trotzdem ist da immer wieder die Hoffnung auf jemanden, der diesem Leid standhält. Der das Leid überwindet. Und denjenigen feiern wir nun schon seit fünf Wochen: Jesus Christus. Nachdem Judas Iskariot die Gemeinschaft verlassen hat, kam das Leid direkt zu Jesus und über ihn. Aber in diesen Stunden blieb er mir treu. Jesus hat es erduldet für mich und auch für den Menschen, der gerade neben mir sitzt, der hinter mir nachher kniet oder der vor mir sich umdreht und mir den Friedensgruß reicht. Wäre all dieser Glaube umsonst, hätten sicher nicht so viele Menschen durch die Jahrhunderte hindurch an unseren Gott geglaubt und auch Hilfe erfahren.

 

  1. Das ist die Gemeinschaft, die Jesus mit seinen Aposteln hatte. Diese Gemeinschaft trägt sich weiter in unseren Ehen und Partnerschaften, in den Familien und Freundschaften und selbstverständlich auch in unseren Vereinen. Ihr werdet mir sicher bestätigen, daß da auch nicht alles immer harmonisch ist. Wenn sich die erste Trompete bei der Blasmusik verspielt, sind wahrscheinlich nicht alle begeistert. Oder wenn die Frau auf der Bühne während der Karnevalssitzung den gleichen Witz über den Kaplan macht, den ich eigentlich bringen wollte.

 

Konflikte sind menschlich, und sie sind da, um gelöst zu werden als Gemeinschaft, als Verein miteinander und nicht gegeneinander. Und in Eurem Familien- und Vereinsleben dürft Ihr eine kleine Kostprobe davon bekommen, wie die Gemeinschaft mit Gott ist – auch wenn Rodenbach nun vielleicht nicht die heilige Stadt, sondern allenfalls ein „heiliges Dorf“ ist. Das ist Rodenbach aber nur dann, wenn wir es auch dazu machen.

Darum wünsche ich allen unseren Gemeinschaften und Vereinen, daß sie lange bestehen bleiben. Ich wünsche Euch, daß Ihr es gut schafft, Konflikte miteinander auf Augenhöhe zu lösen. Ich hoffe für Euch, daß Ihr Euch gegenseitig stärken könnt, wenn die Welt da draußen gerade wieder komisch ist. Und vor allem danke ich Euch für Euren Dienst an der Gemeinschaft, an uns und unserem Dorf Rodenbach.

Auf viele, viele Jahre bis wir uns irgendwann bei Gott im himmlischen Jerusalem wiedersehen mit Blasmusik, Büttenreden, himmlischen Gesängen, Paradiesgärten und, und, und …

„Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr`!“ –
Einen guten Sportgeist und Schutz der Natur,
Helau, Törö und Amen.

 

Kaplan Tommy Reißig

Bild: Webseite von Rodenbach am Main (https://www.rodenbach-main.de/)